Die Angst-Industrie

In der ARD lief heute Nacht die Reportage Die Angst-Industrie. Im Wesentlichen ging es um etwas, dass ich hier auch regelmäßig beschreibe bzw. eigentlich nur von Bruce Schneier klaue: Die Unfähigkeit von uns Menschen bzw. unserer Gesellschaft, reale und vermeintliche Risiken korrekt einzuschätzen.

In Deutschland sterben pro Jahr 50 Menschen durch Blitzschlag, 1000 durch mangelnde Krankenhaushygiene, fast 6000 durch den Verkehr, Tausende durch Lungenentzündung nach Grippeinfektion und mehr als 100.000 durch Rauchen. 

Das sind echte Risiken, die wir entweder nicht wahrnehmen oder für unwichtig erachten. Angst hingegen haben wir z.B. vor BSE oder Vogelgrippe, Asbest oder islamischem Terrorismus.

In den letzten 5 Jahren wurden in Deutschland rund 12 Millionen Kühe auf BSE-Erreger getestet. Positiv waren 350 oder so. Erkrankt war kein Rind, gekostet hat es aber mehr als 2 Milliarden Euro. Das Risiko, an Creutzfeld-Jakob zu erkranken, beträgt für den Menschen 0,0003 Prozent. Die Chance einen Lottogewinn einzufahren, ist signifikant höher.

Asbest ist ein ähnliches Phänomen. Die Angst davor ist berechtigt; noch immer sterben jährlich Tausende, weil sie vor Jahrzehnten ohne Schutz auf Baustellen aufgehalten haben -- auch weil Sie es nicht besser wussten.

Als normaler Mensch lebt man vergleichsweise sicher. Berechnungen besagen, dass eins aus einer Million Kindern starb, weil es 10 Jahre in eine Schule gegangen ist, in der die Belastung 1000 Fasern pro Kubikmeter entsprach, dem Grenzwert in Deutschland. Das Risiko, als Fußgänger zu verunglücken, ist 300 mal so hoch. Amerikanische Studien geben übrigens an, dass die Asbestsanierung 100 mal risikoreicher war. Von einer Million Kinder sind 100 gestorben sind, weil sie durch verlängerte Schulwege verunglückt sind, von Bussen überfahren wurden und so weiter. Der Versuch, die Gefahr zu vermeiden, war also gefährlicher als die ursprüngliche Gefahr selbst.

Um's abzukürzen: Der Film ist ein Empfehlung wert. Die nächste Wiederholung kommt bestimmt.

| Do, 26. Okt 2006, 23:04 |
Janek Schwarz

Janek, 44 Jahre alt, Berliner, Familienvater, Punk-Fan. Dies ist mein privates Blog.

Im beruflichen Leben bin ich Gründer der EDI+EXPERTS, einem Software- und Beratungshaus für EDI-Lösungen.

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