Adolf

Was bleibt sind Erinnerungen, so sagt man. Wenn ich mich erinnere, denke ich an einen alten Meckerkopp mit fieser Noppe auf Vor- und Rückhand. Stur. Ungehobelt. Aber eine zeitlang mein bester Spieler.

Ich kann mich nicht daran erinnern, wann er Geburtstag hatte, ob er verheiratet war, ob Kinder hat. Aber im Doppel haben wir beide ein paar schöne Siege errungen. Und nachher in der Kneipe darauf angestossen. Er mit Bier, ich wie immer mit Cola.

Er hat die schärfsten Dinger fertig gekriegt. Zum Beispiel im Friedrichshain an einem Sonntagmorgen auf dem Weg zum Punktspiel an einen Baum zu kacken. Und sich darüber zu wundern, dass eine Frau sich darüber aufregt. Sein Gesicht als er davon erzählte, werde ich nicht vergessen: "Was soll ich denn machen? In die Hose?".

Aber er hat gut gespielt. Bis er ausgefallen ist, weil er im Winter besoffen aus der Kneipe gekommen ist, sich hingepackt und die Schulter ausgekugelt hat. Dann kam ein Leistenbruch. Und dann der Krebs, Chemo, Erholung, Rückfall, Morphium -- der ganze Mist.

Gestern war die Beerdigung. Keine 70 Jahre ist er geworden. 1975 haben er und seine Frau sich kennengelernt, 20 Jahre später geheiratet. Eine Tochter, eine Enkelin. Bauarbeiter von Beruf. Nach 30 Minuten Abschied nehmen weiss ich mehr über ihn als nach 3 Jahren gemeinsamen Spielens. Vermutlich habe ich mich gestern und heute mehr mit ihm auseinandergesetzt als in der Zeit davor. Aber wahrscheinlich ist das einfach so. Man trifft sich zum Tischtennis, quatscht ein bischen über den nächsten Gegner, die BVG und das Wetter und dann ist's auch gut. Und damit bleibt mehr als man erwarten konnte.

| Mi, 27. Jun 2007, 21:18 |
Janek Schwarz

Janek, 44 Jahre alt, Berliner, Familienvater, Punk-Fan. Dies ist mein privates Blog.

Im beruflichen Leben bin ich Gründer der EDI+EXPERTS, einem Software- und Beratungshaus für EDI-Lösungen.

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